Zulassungsarbeit: Optionspreis-Bewertung

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Stabilität des Black - Scholes - Modells im Hinblick auf die Volatilität

Wissenschaftliche Arbeit im Fach Mathematik
für die Zulassung zur wissenschaftlichen Prüfung
für das Lehramt an Gymnasien
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Breisacher Str. 54
79106 Freiburg

Juli 1993

  1. Vorbemerkung
    1. Einführung
    2. Optionsbewertung im zeitstetigen Modell
    3. Das Black - Scholes - Modell
    4. Die Volatilität
    5. Die Verteilung der Aktienkurse
  2. Stetigkeitsaussagen
    1. Stetigkeitsbetrachtungen
    2. Stetigkeitslemma
    3. Das Konvergenzlemma
  3. Stabilitätsaussagen
    1. Stabilität des B-S-M gegen Schätzfehler
    2. Stabilität bei diskreter Volatilität
    3. Stabilität mit dominierter Konvergenz
    4. Stabilität für kontinuierliche Zufallsvariable
  4. Ergänzungen
    1. Konvergenz im quadratischen Mittel
    2. Beispiele
    3. Die Volatilität als bekannte Funktion der Zeit
    4. Die Volatilität als stochastischer Prozess
    5. Optionspreis bei zufälliger Volatilität
  5. Konstruktion der Abbildungen
  6. Notationen

1  Einführung

Finanzgeschäfte sind in der menschlichen Geschichte schon seit Jahrtausenden bezeugt. Schon der Codex Hammurabi (ungefähr 1700 v. Chr.) regelte die Bedingungen für Kreditgeschäfte1. Börsenartige Versammlungen sind für große Handelsplätze im Altertum überliefert. Im ausgehenden Mittelalter entwickelten sich derartige Märkte für Waren, Wechsel und Sorten. Wichtige Einschnitte in der Geschichte des Börsenwesens bedeuteten der aufkommende Handel mit Aktien, Staatsanleihen und Pfandbriefen. Seit Beginn der industriellen Revolution wurde der Handel mit Aktien zunehmend wichtiger, um den Unternehmen Eigenkapital zuzuführen und den Investoren Mittel bereitzustellen.

1790 wurden in den USA zum ersten Mal Kauf- und Verkaufsoptionen gehandelt2 - bei geringer Akzeptanz: durch hohe Transaktionskosten und starke staatliche Regulierung wurde der Marktzugang zum OTC, dem Over-the-Counter Markt erschwert. Erst 197 wurde von der Chicago Board of Trade die Chicago Board Option Exchange, die CBOE, gegründet, die erste Börse, an der zentral der Handel mit Kaufoptionen abgewickelt wurde; wenig später wurden Verkaufsoptionen eingeführt, andere Optionsbörsen kamen hinzu, der Markt für diese Optionen konnte erheblich ausgeweitet werden, das Handelsvolumen vervielfachte sich. 1990 eröffnete in Frankfurt die DTB, die Deutsche Terminbörse, den computergestützten Handel mit Optionen.

Die rasante Entwicklung im Optionshandel begann zeitgleich mit der Erscheinung des bahnbrechenden Artikels von Black und Scholes, 1973: ,,The pricing of options and corporate liabilities''. Deren Arbeit ermöglichte es erstmals - unter geeignet gewählten Idealisierungen -, einen mathematisch fairen Preis für europäische Kauf- und Verkaufsoptionen3 zu berechnen.

Grundlage für diesen Black-Scholes-Ansatz ist das Verständnis des Aktienpreises als stochastischen Prozess mit stetigen Pfaden, wie es schon 1900 von Bachelier eingeführt und von Samuelson modifiziert wurde: der Aktienpreis als geometrische Brownsche Bewegung.

Der Aktienpreis wird dabei wie folgt definiert:

X(t): = X0exp æ
ç
è
sBt+(m- 1

--

2
s2)t ö
÷
ø
,
(1)

wobei X0 der Aktienpreis zur Zeit t=0 ist, Bt eine Brownsche Bewegung, m ein Driftparameter und s > 0 die Volatilität ist, ein Parameter für die Schwankungsbreite des Aktienkurses4.

abb1.jpg
Figure 1: Der Aktienpreis der geom. Brownschen Bewegung

Ausgehend von der fundamentalen Einsicht, dass mit einer dynamischen Handelsstrategie, bei der Anteile der Aktie und eines risikolosen Wertpapiers gehalten werden, der Wert einer Kaufoption zum Fälligkeitszeitpunkt T bei allen möglichen Aktienpreisen X(T) erzielt werden kann, lässt sich im Black-Scholes-Modell (B-S-M), das im folgenden noch näher ausgeführt wird, der ,,faire Preis'' dieser Kaufoption zur Zeit t < T wie folgt berechnen:

CB-S(t)=X(t)  N0,1(yt) - K exp( -r(T-t) ) N0,1(yt-s   ___
ÖT-t

),
(2)

wobei yt wie folgt definiert ist:

 

yt=

log X(t)

----

K
+ (r + 1

---

2
s2)(T-t)
---------------------------
s   ___
ÖT-t
.
(3)

Dabei ist N0,1 die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung, K der Basispreis und r die Zinsrate.

Die Drift m geht nicht in die Callpreis-Berechnung ein5 (!); der Basispreis K und der Fälligkeitszeitpunkt T sind im Call-Kontrakt festgelegt, der Aktienpreis zur Zeit t ist der an der Börse gehandelte, die Zinsrate kann aus den ebenfalls an der Börse verkauften Staatsanleihen mit gleichem Fälligkeitstermin bestimmt werden. Allein die Volatilität s des Aktienkurses ist nicht so einfach bestimmbar6. Die Bewertung der Kaufoption ist somit eng mit der Bestimmung des Parameters s verbunden.7

abb2.jpg
Figure 2: Aktien- und Callpreis-Prozess

Im B-S-M wird die Volatilität als eine im Intervall [0,T] konstante Zahl vorausgesetzt, die vor der Beginn der Laufzeit der Kaufoption festliegt. Diese und andere Annahmen des B-S-M sind als Idealisierungen zu verstehen8; so ist z. B. die Annahme von sich kontinuierlich verändernden Aktienkursen und kontinuierlichen Handelszeiten nicht der Realität entsprechend: der Handel an den Börsen findet auf der diskreten Zeitskala statt, auch wenn durch computergestützten Handel die Intervalllängen deutlich verkürzt werden konnten.

Somit gewinnen Stabilitätsaussagen für das B-S-M eine enorme Bedeutung. Kann das ideale Modell den realen Optionshandel beschreiben?

Dies ist der Fall, wenn das B-S-M stabil gegen Veränderungen der jeweiligen Voraussetzungen ist, d. h. wenn sich z. B. bei diskreten Aktienpreisen und Handelszeitpunkten der B-S-Callpreis noch als eine ,,gute'' Näherung für den ,,fairen'' Optionspreis anwenden lässt. Diesbezüglich zeigt Eberlein, 1990, dass das B-S-M in diesem Sinne stabil ist.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Stabilität des B-S-M bezüglich der Volatilität zu zeigen, wobei diese als eine Zufallsvariable aufgefasst wird9:

S = S(w)       für alle  t £ T .

Im letzten Kapitel soll noch auf eine weitere Modifizierung hingewiesen werden: die Volatilität als ein stochastischer Prozess. Die Volatilität kann sich im Zeitintervall [0,T] zufällig verändern:        S = S(t,w)10.

Als Zwischenschritt wird dabei die Volatilität als eine bekannte Funktion der Zeit betrachtet:       s = s(t)      für alle w Î W11.

Eine weitere Idealisierung des B-S-M stellt die Voraussetzung des Aktienkurses als geometrische Brownsche Bewegung dar. Eine Veränderung des der Option zugrundeliegenden Aktienpreisprozesses bedeutet aber eine wesentliche Veränderung der Optionsbewertung. So sind verschiedene Ansätze mit veränderten stochastischen Prozessen durchgeführt worden12.

Um den experimentellen Daten der Aktienkursverteilung besser zu entsprechen, können wir z. B. die Volatilität als eine Zufallsvariable mit geeigneter passender Verteilung wählen und dies mit o. g. Brownscher Bewegung kombinieren, so dass sich bei gegebener Volatilität wieder eine geometrische Brownsche Bewegung ergibt.

Um den realen Erfordernissen gerecht zu werden, ist die Wahl der geeigneten Verteilung wesentlich. Die hierzu erforderlichen statistischen Untersuchungen werden in der vorliegenden Arbeit nicht durchgeführt, sondern es werden Stabilitätsaussagen für eine große Klasse von Verteilungen bewiesen.

Im letzten Abschnitt dieser Arbeit wird - unter Zusatzvoraussetzungen, die die Preisbewertung mittels eines äquivalenten Portfolios ermöglichen - der Optionspreis für das oben beschriebene Modell, in dem die Volatilität eine Zufallsvariable ist, berechnet und in einem Spezialfall mit dem Preis im B-S-M verglichen.

Footnotes:

1Vgl. Ingersoll, S.199.

2Vgl. Cox/Rubinstein, S.23.

3Eine europäische Kaufoption [Verkaufsoption] auf eine Aktie (Basiswert) gibt ihrem Besitzer das Recht, zu einem festgelegten Zeitpunkt (dem Fälligkeitszeitpunkt T) eine festgelegte Anzahl (Kontraktgröße) dieser Aktie zu einem festgelegten Preis (dem Basispreis K) zu kaufen [zu verkaufen]. Damit ist der Endwert der Kaufoption (=Call) zur Zeit T wie folgt gegeben: C(T)=max{X(T)-K,0}, und der Verkaufsoption (=Put) als P(T)=max{K-X(T),0}.

4In Abb. 1.1 ist X0=100, m = 0.4 und s = 0.5 gewählt worden.

5Somit geht die Risikopräferenz des Händlers nicht in die Bewertung ein.

6Vgl. Cox/Rubinstein, S. 255: ,,The final and most difficult item to measure is the volatility, s. Unlike the other variables, we cannot simply look at the newspaper.''

7In Abb. 1.2 wurde K=110, m = 0.3, s = 0.6, r=0.2 und T=1 gewählt.

8 Vgl. Cox/Rubinstein, S. 268: ,, The formula also requires the volatility of the stock to be constant. In most situations we will not be so lucky. The basic Black - Scholes formula will no longer be appropriate.''

9S ist eine Funktion vom Wahrscheinlichkeitsraum (W,A,P) in die reellen Zahlen.

10S: W×[0,T] ® R.

11s: [0,T]® R.

12Vgl. Hull, Kap. 12.

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